Berlin – Schlechte Noten für den Klimaschutz-Musterschüler: Deutschland hinkt den selbst gesteckten Zielen beim CO2-Sparen hinterher.
Prognosen des Umweltbundesamts (UBA) und eine Studie im Auftrag der Grünen sehen dafür verschiedene Gründe. Aber einer wiegt besonders schwer.

Warum haben die Deutschen mehr Treibhausgase produziert?

Am stärksten gestiegen sind die Emissionen der UBA-Prognose zufolge im Verkehrssektor: 5,4 Millionen Tonnen mehr als 2015, ein Plus von 3,4 Prozent. Weil es 2016 relativ kühl war, haben die Deutschen aber auch mehr geheizt. Außerdem leben wegen der Zuwanderung mehr Menschen in Deutschland als noch 2015. Eine Rolle spielte auch, dass das Jahr 2016 einen Tag mehr hatte – den Schalttag 29. Februar.

Warum ist der CO2-Ausstoß im Verkehr so stark gestiegen?

Laut UBA vor allem, weil mehr Diesel getankt wurde und der Güterverkehr auf der Straße um 2,6 Prozent zunahm. Dagegen sei der Güterverkehr auf Schienen um 0,5 Prozent zurückgegangen – weil die LKW-Maut zu günstig und die Spritpreise niedrig seien. Der Diesel-Absatz nahm demnach um 3,5 Prozent zu, Benzin um 2 Prozent. Allein der höhere Diesel-Verbrauch sei für 4,8 Millionen Tonnen Treibhausgase zusätzlich verantwortlich, heißt es in einer Analyse des Beratungsunternehmens Arepo Consult für die Grünen. Der Flugverkehr legte 2016 auch zu.

Welche Rolle spielen Kohle und Ökostrom?

Der Anteil von Strom aus Braun- und Steinkohle im Strommix ist 2016 gesunken. Dafür nahm die Stromgewinnung aus Erdgas zu – es war 2016 vergleichsweise günstig. Das ist eine gute Nachricht fürs Klima: Obwohl in Deutschland etwas mehr Strom produziert wurde als 2015, stieß die Energiewirtschaft etwas weniger CO2 aus. Der Ökostrom-Anteil aus Sonne, Wind, Wasserkraft und Biogas lag Arepo zufolge bei knapp 30 Prozent. Zwar sank der Stromverbrauch in Deutschland 2016 laut Studie für die Grünen leicht, aber es wurde mehr Strom in die Nachbarländer geliefert.

Was bedeutet das für die deutschen
Klimaschutz-Ziele?

Im Jahr 2020 will Deutschland 40 Prozent weniger CO2 freisetzen als noch 1990. Bisher sind aber nur 27,6 Prozent Minderung geschafft. Kaum jemand glaubt noch, dass es in den nächsten drei Jahren klappt – auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat Zweifel. Nach Berechnung von Arepo Consult müsste jetzt der Treibhausgas-Ausstoß um 40 Tonnen pro Jahr sinken, um das 2020er-Ziel noch zu erreichen. Der gesamte Verkehrssektor stieß dem UBA zufolge 2016 zwei Millionen Tonnen CO2 mehr aus als 1990.

Und was bedeutet es für den Klimaschutzplan 2050?

Im
Klimaschutzplan, auf den sich die Bundesregierung im vergangenen November nach langem Hin und Her verständigt hat, stehen konkrete CO2-Spar-Ziele für 2030 für Sektoren wie Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft. Was bis dahin passiert, zum Beispiel auf dem Markt für Elektroautos, lässt sich schwer vorhersagen. Klar ist, dass mit der Zeit auch die 2030er Ziele immer schwerer erreichbar werden.

Was muss aus Sicht von Klimaschützern jetzt geschehen?

UBA-Präsidentin Krautzberger fordert, das Steuerprivileg für Diesel abzuschaffen und die LKW-Maut auf das gesamte Straßennetz und auf alle LKW-Klassen auszuweiten. Grünen-Politikerin Annalena Baerbock will einen «Masterplan im Verkehrsbereich», um Waren vom LKW auf die Schiene zu bringen und Elektro-Autos besser zu fördern. Die Analyse für die Grünen nennt noch zwei andere Bereiche: Stromerzeugung und die Energieeffizienz. Ein Problem sei, dass Deutschland Strom exportiere – und zwar nicht nur Ökostrom.

Fotocredits: Franziska Kraufmann
(dpa)

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