Dresden/Jena – Ausgerechnet der namensgebende Fisch war fast verschwunden: Wer vor der Wende in der Elbe bei Dresden eine Barbe fangen wollte, brauchte viel Glück. Dabei heißt der Fluss nach klassischer Einteilung Barbenregion.

Nach der Forellen-, Äschen-, Barben- und Brachsenregion endet ein Fluss vor der Mündung im Brackwasser (Kaulbarsch-Flunder-Region), wo sich Salz und Süßwasser vermischen und bereits Meeresfische vorkommen. Die Barbe ist der Leitfisch der Elbe, sie war einst die dominierende Art – und befindet sich nun auf dem besten Wege, ihrem Namen wieder alle Ehre zu machen.

Gert Füllner, Referatsleiter für Fischerei im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, weiß noch andere «Charakterfische», die in die Elbe zurückgekehrt sind. Auch Nase, Wels und Lachs gehören dazu. «Bis auf wenige ehemals vorhandene Arten wie Stör, Maifisch oder Nordseeschnäpel sind alle früheren Arten zumeist wieder nachweisbar», sagt Sachsens oberster Fischwirt. «Die Wiederansiedlung des Lachses in die Elbe ist eine Erfolgsgeschichte. Die ersten Erfolge stellten sich sehr rasch ein. Allerdings ist der Weg bis zur Etablierung nutzbarer Bestände offensichtlich noch weit».

Tatsächlich denkt man beim Thema Elbe und Fisch zuerst an den Lachs. Er ist ein Aushängeschild bei den Bemühungen um eine Wiederansiedlung von Tierarten in Sachsen und zugleich ein Indikator für eine bessere Wasserqualität. Seit 1994 gibt das Land dafür jährlich rund 50 000 Euro aus.

1995 waren die ersten Jungfische aus künstlich ausgebrüteten Lachseiern in Nebenflüsse der Elbe eingesetzt worden, 1998 tauchten die ersten Elbe-Lachse wieder in ihren Geburtsgewässern auf. Inzwischen wurde das Programm auf andere Flüsse ausgedehnt. Bis zu einer vollständigen Reproduktion der Bestände dauert es aber noch.

Vor der Industrialisierung im Elbtal zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten schätzungsweise 50 Fischarten in der Elbe. Der Fluss wurde mit den Abprodukten einer rasant wachsenden Industrie nicht mehr fertig und nachhaltig geschädigt. Die Natur reagierte auf ihre Weise und trat den Rückzug an.

1990 war die Vielfalt auf etwa 30 Arten geschrumpft. Wer dennoch einen Fisch an die Angel bekam, dem verging spätestens beim Essen der Appetit. Elbefische galten wegen ihres besonderen Eigengeschmacks nach Phenol lange als ungenießbar. Diese Zeiten sind vorbei, auch wenn es noch immer Einschränkungen gibt.

Auch an den Nebenflüssen der Elbe machten einst giftige Abwässer aus Industrie und Privathaushalten den Fischen das Leben schwer. «Anfang der 90er Jahre hat es in der Saale bei Jena noch richtige Schaumkronen gegeben», berichtet der Artenschutzexperte des Thüringer Umweltministeriums, Edgar Reisinger. Inzwischen habe sich die Wasserqualität stark verbessert, so dass in den hiesigen Flüssen wieder Fische leben, die vor der Wiedervereinigung dort als ausgestorben galten. Bitterling, Nase und Schlammpeitzger nennt Reisinger als Beispiele.

Doch zufrieden sind die Fachleute noch lange nicht. So behindern an vielen Nebenflüssen Wehre die Wanderschaft der Fische. An der Saale etwa sei deswegen an eine Wiederansiedlung des Lachses wie in Sachsen derzeit nicht zu denken, betont Reisinger. Bis 2013 seien in Thüringen etwa 100 solcher Querbauwerke an den größeren Flüssen im Elbe-Einzugsgebiet durchgängig gemacht worden – von mehr als 400. «Hier gibt es noch viel zu tun.» Dringend notwendig sei auch die weitere Renaturierung der Bäche und Flüsse. Die Fische bräuchten nicht nur sauberes Wasser, sondern auch naturnahe Uferbereiche mit Buchten und Nebengewässern, etwa um dort zu laichen. Doch an solchen Lebensräumen fehle es oft, weil die Flüsse in der Vergangenheit befestigt und begradigt wurden, beklagt Reisinger.

Dass die Elbe und ihre Nebenflüsse sauberer geworden sind, freut aber nicht nur heimische Fischarten. So ist die Elbe auch reicher an Arten geworden, die gar nicht hierher gehören. Die Chinesische Wollhandkrabbe und die Grobgerippte Körbchenmuschel bereiten derzeit noch keine Probleme.

Die Schwarzmundgrundel jedoch wurde erstmals im September 2016 nachgewiesen und breitet sich rasant aus, berichtet Füllner. Auch die neuseeländische Zwergdeckelschnecke, die Donauassel und die Zebramuschel sind inzwischen Bewohner der Elbe. Ihre Verbreitung erfolgt über die Schifffahrt, vor allem durch das Ballastwasser. Oft haften die sogenannten Neozoen an den Außenwänden von Binnenschiffen.

Nicht mehr als zwei Kilo Elbefisch pro Monat essen

Die Elbe ist zwar sauberer geworden, doch sollten Verbraucher nicht zu viel Fisch aus dem Fluss essen. «Momentan lautet die Empfehlung, nicht mehr als zwei Kilogramm Elbefisch pro Monat zu verzehren. Das entspricht bezogen auf den essbaren Filetanteil einer Menge von etwa 800 Gramm Filet», sagt die Sprecherin des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Karin Bernhardt. Generell seien größere Fische und Raubfische stärker belastet, ebenso bestimmte Arten wie Rapfen oder Barbe, die am Boden Nahrung sucht und so mehr Schadstoffe aus den Sedimenten aufnimmt. «Keinesfalls sollten Innereien, wie die Leber verzehrt werden.»

Fotocredits: Arno Burgi
(dpa)

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